Altglienicker Brücke – eine unendliche Geschichte

Die Altglienicker Brücke im Verlauf der Köpenicker Straße bleibt ein Ärgernis ohne Ende. Die mit dem Bau des Teltowkanals zwischen 1904 und 1906 errichtete ehemalige Oppenbrücke ist schon recht lange schadhaft. Eigentlich seit Kriegsende. Am 19. April 1945 wurde die Fachwerkbrücke von Wehrmachtseinheiten gesprengt, um die im Frontverlauf näher rückenden Russen aufzuhalten. Danach lagen zwei Hälften im Wasser. 1949/50 wurde die Brücke gehoben, rekonstruiert und für den Verkehr wieder nutzbar gemacht. Einige Mängel blieben aber immer. Bereits 1967 stellte man erhebliche Schäden an der Konstruktion fest, so dass die Überführung zeitweise gesperrt, die Hauptträger verstärkt und eine stählerne Leichtfahrbahn eingezogen wurde. Ab spätestens Mitte der 80er Jahre stand immer wieder eine Sperrung der Altglienicker Brücke wegen baulicher Schäden im Raum, doch durch die über sie führende Straßenbahn, die intensive Bautätigkeit im Ort und fehlende andere Möglichkeiten von Adlershof nach Altglienicke zu gelangen (die Brücke an der Wegedornstraße entstand 1989), hatte sie weiter durchzuhalten. Ohnehin war zu DDR-Zeiten für die Anbindung des Neubaugebiets im Süden eine Verbreiterung der Köpenicker Straße auf vier Spuren geplant, mit der es am Teltowkanal einen entsprechenden Neubau gegeben hätte. 1993 wurde die Brücke schließlich aufgrund ihrer anhaltenden Mängel (u.a. Risse und Einbrüche an den Widerlagern) für LKW und die über sie führende Straßenbahn gesperrt. Weiter durften sie nur Fußgänger und mit verminderter Geschwindigkeit auch PKW nutzen. Eine umfassende Sanierung oder gar ein Neubau war unausweichlich geworden. Favorisiert wurde jedoch ein Erhalt der mittlerweile seltener gewordenen Fachwerkkonstruktion. Zu diesem Zwecke wurde 1995 neben der alten eine Behelfsbrücke errichtet, die wie es damals hieß nur kurzzeitig ihren Dienst erfüllen sollte. Doch dann war plötzlich kein Geld mehr da. Zwischenzeitlich stand zudem politisch eine Verbreiterung des Teltowkanals für Großgüterschiffe im Raum, von der man sich wieder verabschiedete. Schon wenige Jahre nach Eröffnung der Behelfsbrücke musste jedoch auch diese zeitweise gesperrt werden. Sie war von ihrer ganzen Befestigung zum einen nicht genügend auf mehrjährigen Betrieb angelegt. Zudem erwies sich das Provisorium als zu tief errichtet, da etliche Güterschiffe nicht unterhalb der Brücke durchfahren konnten. Daher wurde im Jahr 2003 die Behelfsbrücke mit den entsprechenden Rampen für ganze 750.000 Euro um 80 Zentimeter angehoben, während nebenan die alte Altglienicker Brücke weiter im Dornröschenschlaf verharrte und wegen der Baufälligkeit auch für Fußgänger gesperrt wurde. Insgesamt kostete das ganze Procedere Ersatzbrücke bereits mehr, als wenn man sich der Erneuerung der alten angenommen hätte.

Das rügte sogar 2004 der Bund der Steuerzahler (BdST) in seinem jährlichen Bericht über bundesweite Steuergelderverschwendungen. Bis heute heißt es lapidar beim Senat, dass irgendwann, sobald mal das Geld da ist, die alte Brückenführung in der Köpenicker Straße wiederhergestellt werden soll.
Jetzt beschäftigte sich eine Anfrage des Abgeordnetenhausmitgliedes Katrin Vogel (CDU) beim Berliner Senat mit dem aktuellen Stand in Sachen Altglienicker Brücke. Dabei war zu erfahren, es gebe für eine Sanierung der alten Brücke auch fast 20 Jahre nach Errichtung der Behelfsbrücke weiterhin keinen Termin. Verkehrsstaatssekretär Christian Gaebler informierte, das Wasser- und Schifffahrtsamt Berlin als Eigentümer der Brücke gehe unterdessen davon aus, dass eine Sanierung aus bautechnischen Gründen nicht möglich sei und man vielmehr einen Ersatzneubau verfolgen müsse. Dann heißt es auch: Für die 20 Jahre alte Behelfsbrücke bestehe eine Lebensdauer von 30 Jahren. Deren Verkehrssicherheit sei grundsätzlich gewährleistet, zumal diese auch im vergangenen Jahr noch einmal für 177.000 Euro zugunsten einer Fahrbahnerneuerung saniert wurde. Diese war notwendig, weil der Kurvenbereich zum Ernst-Ruska-Ufer hin bis auf das Fahrbahnblech abgefahren war.
Ein Anlass der Anfrage von Katrin Vogel waren aber auch einige auf der alten Brücke gesichtete Bauarbeiter. Mancher Altglienicker fragte sich, ob hier vielleicht doch bald etwas geschehe. Doch dem ist nicht wirklich so. Die alte Brücke muss vorerst weiter als Leitungsträger erhalten werden. Über und unter ihr verlaufen einige Gasleitungen, ein Frischwasserrohr der Berliner Wasserbetriebe sowie mehrere Kabel. Die besagten Bauarbeiter waren von der Telekom und erneuerten Telefonleitungen. Im Herbst werden dann nochmals Bauarbeiter anrücken, die einen bestimmten Zweck haben: Nachdem an der alten Brücke bereits die Fahrbahn entfernt wurde, nehmen diese sich dem alten Gehweg an. Gehwegplatten drohen zunehmend in den Kanal abzustürzen. Daher werden diese vollständig abgebaut. So steht mehr und mehr nur noch ein Stahlgerippe da.
Bemerkenswert ist bei der Anfrage, dass bei einer kalkulierten Lebensdauer von 30 Jahren bei Behelfsbrücken diese folglich in zehn Jahren ausgetauscht werden muss. Das bedeutet um 2025 herum wieder eine längere Sperrung der Köpenicker Straße. Aber wer will ein neues Provisorium, wo eine dauerhafte Brücke letztlich wesentlich wirtschaftlicher ist und Busse dann auch keine Akrobatik mehr beim Queren anwenden müssen? Eine Rekonstruktion oder ein Ersatzneubau der Altglienicker Brücke stehen jedoch weiterhin nicht auf der Agenda beim Berliner Senat. Dazu müssten mit einigen Jahren Vorlauf auch entsprechende finanzielle Mittel im Landeshaushalt beantragt werden, damit sie rechtzeitig zur Verfügung stehen. Noch ist dazu Zeit, das Problem so lösen zu können, dass man anstelle der maroden Brücke etwas Neues schafft und dann mit ihrer Fertigstellung nahtlos der Behelfsbrücke Lebewohl sagt. Ohne dass es dort längere Sperrungen gibt. Es bedarf bald der Initiativen dazu. Doch für solche hehren Wünsche muss man in Berlin wohl sehr viel Optimismus mitbringen.

2014 Text von Joachim Schmidt vom Dörferblick. Vielen Dank